Faulheit siegt: Gärtnern für die Ewigkeit mit mehrjährigem Gemüse!
Na, schon wieder den Aussaatkalender verlegt? Die zarten Pflänzchen auf der Fensterbank schmollen, weil Sie das Gießen vergessen haben? Und der Rücken zwickt schon beim Gedanken ans Umgraben? Dann habe ich heute die frohe Botschaft für alle leidgeprüften und, seien wir ehrlich, faulen Gärtner: Es gibt eine Lösung! Eine, die Ihnen jahrelange Ernten beschert, ohne dass Sie jedes Frühjahr wieder bei Null anfangen müssen. Meine Damen und Herren, Trommelwirbel bitte… für das mehrjährige Gemüse!
Ja, Sie haben richtig gehört. Es gibt sie wirklich, die stillen Helden des Nutzgartens, die einmal gepflanzt, stoisch den Launen der Jahreszeiten trotzen und uns Jahr für Jahr mit leckeren Köstlichkeiten versorgen. Vergessen Sie die Dramen der einjährigen Mimosen! Wir setzen auf robuste Dauergäste, die wissen, wie der Hase läuft – oder besser gesagt, wie die Wurzel wächst.
Warum Sie Ihr Gärtner-Leben auf den Kopf stellen sollten (oder besser: in der Erde lassen)
Mal ehrlich, die Vorteile liegen doch auf der Hand, oder besser gesagt, in der Schubkarre, die Sie ab jetzt viel seltener brauchen werden:
- Weniger Arbeit, mehr Ernte: Einmal pflanzen, jahrelang ernten. Das ist der Deal. Kein jährliches Säen, Pikieren und Umpflanzen mehr. Klingt das nicht wie Musik in den Ohren eines jeden Feierabend-Gärtners?
- Frost-Frust? Nicht mit uns! Viele dieser grünen Kameraden lachen dem deutschen Winter ins Gesicht. Sie sind hart im Nehmen und benötigen oft nur einen leichten Winterschutz, wenn überhaupt.
- Boden-Wellness inklusive: Statt den Boden jedes Jahr umzugraben und zu stören, lassen die Wurzeln der mehrjährigen Pflanzen die Erde in Ruhe. Das fördert ein gesundes Bodenleben, baut Humus auf und macht Ihre kleinen unterirdischen Mitbewohner, die Regenwürmer, zu Ihren größten Fans.
- Erträge für Fortgeschrittene (und Faule): Während im ersten Jahr vielleicht noch Bescheidenheit angesagt ist, steigern viele dieser Pflanzen ihren Ertrag von Jahr zu Jahr. Geduld zahlt sich hier also wortwörtlich in Kilogramm aus!
Na, überzeugt? Dann stellen wir Ihnen mal ein paar dieser pflegeleichten Superstars vor.
Die glorreichen Sieben für den faulen Gärtner
Topinambur:
Die leckere Knolle mit Wucher-Potenzial.
Frostverträglichkeit: Absolut winterhart. Die Knollen können den ganzen Winter über im Boden bleiben und bei Bedarf geerntet werden. Frost macht ihnen nichts aus, im Gegenteil, er soll den Geschmack sogar noch verbessern. Ein echter Kumpel für kalte Tage!
Ertrag: Hier wird’s lustig. Man sagt, pro gepflanzter Knolle erntet man etwa das Zehnfache. Das Problem ist nicht der Ertrag, sondern das Beenden der Ernte. Jede noch so kleine Knolle, die im Boden verbleibt, treibt im nächsten Jahr wieder aus. Eine Wurzelsperre ist daher kein Luxus, sondern eine Überlebensstrategie für Ihren restlichen Garten. Topinambur ist quasi das „Tribble“ unter den Gemüsesorten. Aber lecker! Die nussig-süßen Knollen schmecken als Suppe, Püree oder knusprige Chips.

Ewiger Kohl:
Der Name ist Programm
Frostverträglichkeit: Dieser Kohl ist ein zäher Hund. Sorten wie ‚Daubenton’s Green‘ sind bis -15 °C winterhart. Bei sehr strengen Kahlfrösten freut er sich über eine Laubschicht um den Wurzelbereich, aber meistens steht er da wie eine Eins und streckt seine Blätter dem Schnee entgegen.
Ertrag: Ewiger Kohl blüht (fast) nie und steckt seine ganze Energie ins Blattwachstum. Das bedeutet für Sie: Ernte, Ernte, Ernte! Man kann das ganze Jahr über die jungen Blätter und Triebe ernten. Für eine vierköpfige Familie reichen oft schon zwei bis drei Pflanzen, um den Bedarf an Kochkohl zu decken. Einfach die Blätter von unten nach oben abbrechen, das Herz der Pflanze stehen lassen, und schon wächst er munter weiter. Ein lebender Kohl-Vorratsschrank direkt im Beet!

Rhabarber:
Der saure Klassiker, der immer wiederkommt
Frostverträglichkeit: Rhabarber ist die Definition von winterhart. Die Pflanze zieht im Herbst ein und treibt im Frühling mit einer Macht wieder aus, die man gesehen haben muss. Da können Sie die Schneeschaufel direkt neben die Ernteschüssel stellen.
Ertrag: Im ersten Jahr sollten Sie ihn in Ruhe lassen, damit er sich etablieren kann. Aber ab dem zweiten Jahr geht die Post ab! Eine gut etablierte Pflanze liefert von April bis zum Johannistag (24. Juni) kiloweise Stangen für Kuchen, Kompott und Schorle. Danach gönnen wir ihm eine Pause, damit er Kraft fürs nächste Jahr sammeln kann. Ein fairer Deal für so viel leckere Säure.

Kaukasischer Kletterspinat (Hablitzia tamnoides):
Der Senkrechtstarter
Frostverträglichkeit: Wie der Name schon andeutet, kommt dieser Klettermaxe aus einer rauen Gegend und ist dementsprechend absolut winterhart. Er treibt schon sehr früh im Jahr aus, wenn anderer Spinat noch von Sonne träumt.
Ertrag: Diese Pflanze ist ein wahres Ertragswunder. Einmal etabliert, kann eine einzige Pflanze eine ganze Familie mit zarten, spinatähnlichen Blättern versorgen. Im Frühling können die jungen Sprossen sogar wie Spargel geerntet werden. Geben Sie ihm eine Rankhilfe, und er wird Ihnen den Himmel auf Erden bescheren – oder zumindest Ihre Küchenwand begrünen. Man erntet die Blätter und lässt die Pflanze einfach weiterwachsen. Bis zu drei Meter kann sie in einer Saison klettern!

Bärlauch:
Der wilde Knoblauch des Waldes (und bald Ihres Gartens)
Frostverträglichkeit: Bärlauch ist ein heimisches Gewächs und an unsere Winter bestens angepasst. Er überdauert als Zwiebel im Boden und pfeift auf Minusgrade.
Ertrag: Vorsicht, Suchtgefahr! Wer einmal Bärlauchpesto gemacht hat, will mehr. Und Bärlauch gibt gerne mehr. An einem schattigen, feuchten Plätzchen breitet er sich über die Jahre zu einem dichten Teppich aus. Sie können im Frühling nach Herzenslust Blätter ernten. Achten Sie nur darauf, immer ein paar Blätter pro Pflanze stehen zu lassen, damit die Zwiebel Kraft für das nächste Jahr sammeln kann. Und bitte nur im eigenen Garten ernten oder wenn Sie ihn zweifelsfrei erkennen – die Verwechslungsgefahr mit giftigen Maiglöckchen ist nicht zu unterschätzen!

Meerkohl (Crambe maritima):
Das Gourmet-Gemüse von der Küste
Frostverträglichkeit: Direkt von den Küsten Europas in Ihren Garten. Meerkohl ist an raues Klima gewöhnt und absolut winterhart.
Ertrag: Ein echtes Highlight für Feinschmecker. Im Frühling können die jungen, austreibenden Sprossen gebleicht werden (einfach einen Eimer drüberstülpen), was ihnen einen zarten, nussigen Geschmack verleiht, der an Spargel erinnert. Später im Jahr sind die jungen Blätter und die brokkoliähnlichen Blütenknospen eine Delikatesse. Eine etablierte Pflanze liefert eine gute Portion dieser exklusiven Leckerbissen.

Die Etagenzwiebel:
Die Zwiebel, die in die Luft geht
Frostverträglichkeit: Völlig unbeeindruckt vom Winter. Diese Zwiebel ist so hartgesotten, dass sie wahrscheinlich auch eine Eiszeit überleben würde.
Ertrag: Ein Kuriosum und Dauergast in einem. Statt Blüten bildet diese Zwiebel an der Spitze ihrer Schlotten kleine Brutzwiebeln – quasi Zwiebel-Babys, die direkt in der Luft wachsen. Diese können Sie ernten und wie normale Zwiebeln verwenden oder einfach wieder einpflanzen, um Ihre Zwiebelkolonie zu vergrößern. Die grünen Schlotten selbst schmecken wie Frühlingszwiebeln und können fast das ganze Jahr über geschnitten werden. Eine Pflanze, die sich selbst vermehrt und dabei noch lecker schmeckt – was will man mehr?

Fazit
Geben Sie sich einen Ruck und reservieren Sie eine Ecke in Ihrem Garten für diese pflegeleichten Helden. Ihr Rücken wird es Ihnen danken, Ihr Gaumen wird jubeln und Sie haben endlich mehr Zeit, in der Hängematte zu liegen und Ihren Pflanzen beim Wachsen zuzusehen. Denn das, liebe Gartenfreunde, ist die wahre Kunst des Gärtnerns: maximale Ernte bei minimalem Aufwand. In diesem Sinne: Frohes Faulenzen und eine reiche, mehrjährige Ernte!
Fun Facts
Die Welt der mehrjährigen Gemüse ist nicht nur praktisch, sondern auch eine wahre Fundgrube für skurrile Fakten und Geschichten. Hier ist eine kleine Auswahl, um beim nächsten Garten-Plausch ordentlich anzugeben:

Rhabarber, das Schein-Obst:
Botanisch gesehen ist Rhabarber ganz klar ein Gemüse, da wir seine Stängel essen. Aber weil die US-Zollbehörden in den 1940er Jahren höhere Zölle auf Gemüse als auf Obst erhoben, wurde er kurzerhand per Gesetz in New York zu Obst erklärt, um Importkosten zu sparen. Rhabarber ist also ein Gemüse, das aus wirtschaftlichen Gründen juristisch zum Obst wurde!
Der Bär im Bärlauch:
Der Name kommt nicht von ungefähr. Es wird erzählt, dass Bären nach ihrem langen Winterschlaf als Erstes gezielt nach Bärlauch suchen, um ihren Stoffwechsel wieder in Schwung zu bringen und den Körper zu reinigen. Wenn’s dem Bären guttut, kann es für uns ja nicht schlecht sein, oder?


Ewiger Kohl, der unsterbliche Klon:
Viele Sorten des Ewigen Kohls, wie ‚Daubenton’s Green‘, blühen extrem selten oder gar nicht. Das bedeutet, sie werden seit Jahrhunderten nur über Stecklinge vermehrt. Die Pflanze in Ihrem Garten könnte also ein direkter, genetisch identischer Klon einer Pflanze sein, die schon im Mittelalter in einem Klostergarten wuchs. Sie essen quasi lebendige Geschichte!